Vorkehrungen für den Ernstfall in Form von Flucht- und Rettungsplänen oder die Benennung und Schulung von Ersthelfern, Räumungshelfern und Brandschutzhelfern sind Themen, die Ihnen im Berufsalltag ständig begegnen und zudem auch rechtlich gefordert sind. Doch wann war die letzte Gebäuderäumungsübung in Ihrem Betrieb, bei der es vielleicht sogar auch mal einen simulierten Rettungseinsatz gab und wie (gut/schlecht) funktionierte dabei die Organisation an der Sammelstelle?
BEGRIFFSBESTIMMUNGEN GEMÄSS DEM WÖRTERBUCH FÜR BEVÖLKERUNGSSCHUTZ UND KATASTROPHENHILFE
Bei einer Räumung begeben sich alle Personen im Gebäude durch Selbst- oder Fremdrettung zu den ausgewiesenen Sammelstellen (ehemals „Sammelplatz“) und entziehen sich somit dem Gefahrenbereich. Eine Sammelstelle ist ein Treffpunkt, an dem sich im Ereignisfall alle versammeln. Von dort aus können Hilfsmaßnahmen koordiniert werden und weitere Anweisungen erfolgen.
RECHTLICHE EINORDNUNG DER PFLICHT ZUR DURCHFÜHRUNG VON RÄUMUNGSÜBUNGEN
Eine Reihe von Gesetzen und Vorschriften schreibt Maßnahmen zum Brandschutz für Arbeitsstätten vor. Als wirkungsvolles Instrument sind hierfür u. a. Präventionsmaßnahmen wie z. B. regelmäßige Räumungsübungen vorgeschrieben, um im Ereignisfall – bei Feuer oder aufgrund anderer Ereignisse – möglichst viele Personen durch Selbstrettung unverzüglich in Sicherheit zu bringen. Räumungsübungen verfolgen dabei in erster Linie das Ziel, ein Gebäude oder ein Gelände schnellstmöglich und ohne negative Zwischenfälle zu räumen. Die Gesamtverantwortung für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben liegt dabei grundsätzlich beim Arbeitgeber. Dieser kann die Verantwortung jedoch in Teilen an fachlich versierte Beschäftigte im Betrieb übertragen wie beispielsweise an Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Brandschutzbeauftragte oder Brandschutzhelfer.
Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass Räumungsübungen einen hohen Stellenwert im organisatorischen Brandschutz einnehmen, da Räumungen dadurch im Ernstfall schneller und störungsfreier gelingen. Statt Chaos und Panik erfolgt ein geordnetes Verlassen des zu räumenden Bereichs. Das senkt u. a. auch die Zahl der Verletzten, die durch Flucht zu Schaden kommen können.
PROBLEME EINER GEBÄUDERÄUMUNG
Räumungshelfer werden eingesetzt, um das Gebäude in den ihnen zugeteilten Flächen vollständig zu räumen. Doch was nützt es, wenn diese Informationen nicht zusammengetragen werden und jeder Räumungshelfer sie für sich behält oder noch schlimmer, einzeln zu den Rettungskräften trägt?!
Die Zusammenführung aller Räumungsinformationen ist essenziell, um den Rettungseinsatz koordiniert starten zu können, denn dieser wird anders geplant, wenn Personen vermisst werden oder Bereiche nicht als geräumt gelten (Menschenrettung geht vor Brandbekämpfung!).
Doch wie erhalten Sie Gewissheit darüber, dass niemand wieder in das Gebäude gelangt, während das Gebäude in Richtung Sammelstelle, z. B. im hinteren Gebäudebereich, geräumt wird?
Niemand weiß i. d. R. genau, welche Mitarbeitenden sich zu welchem Zeitpunkt im Gebäude aufhalten. Die Anzahl kann ggf. noch mit dem Zutritts- oder Zeiterfassungssystem ausgelesen oder über das Besuchermanagement eruiert werden. Hierzu müsste ein zeitkritischer Prozess definiert werden, wie diese Informationen (z. B. über Listen) das Gebäude verlassen, ohne Personen zu gefährden. Doch auch diese Parameter lassen nicht mit 100%iger Sicherheit ausschließen, dass nicht einfach Personen mit „reingenommen“ wurden oder noch einmal zurückgegangen sind, nachdem sie sich ausgetragen haben.
GEZIELTE KOMMUNIKATION AN DER SAMMELSTELLE IST DAS „A“ UND „O“
An einer Sammelstelle kann nach einer Räumung ein gewisses Durcheinander und Gerangel um Informationen herrschen. Informationen sind essenziell, um der Belegschaft die Sicherheit zu geben, dass die Situation unter Kontrolle ist und fortlaufend über das weitere Vorgehen informiert wird. Hierzu ist es sinnvoll, eine Verbindung von der Sammelstelle zum Krisenstab zu halten, um von dort die weiteren Abläufe zu definieren, die dann verkündet werden müssen. Beispielsweise kann dies das Arbeitsende für den Tag bedeuten, die Verlegung der Sammelstelle an einen anderen Ort, die Information über Ersatzräumlichkeiten oder Stunden und Tagen weitergeführt werden.
Einige Beschäftigte werden die Zeit nutzen, um z. B. in die Pause zu gehen, Erledigungen zu machen oder fühlen sich an der Sammelstelle einfach nicht sicher genug. Denn im Ernstfall streben alle nach Eigensicherung und die ist nicht unmittelbar in der Umgebung des Gefahrenbereichs zu finden. Daher gilt es, sich im Vorfeld im Rahmen eines Räumungskonzepts Gedanken zu machen, wie man mit derartigen Situationen umgeht, um diesen präventiv und kommunikativ entgegenzuwirken.
DER SAMMELSTELLENVERANTWORTLICHE
Definieren Sie einen oder auch mehrere Sammelstellenverantwortliche, die sich im Ereignisfall auf direktem Weg zu den Sammelstellen begeben. Der Sammelstellenleiter empfängt Personen und registriert zentral die geräumten Bereiche. Darüber hinaus werden ggf. erforderliche Absperr- und Sicherungsposten, die dafür sorgen, dass ein Wiederbetreten des geräumten Gebäudes oder Geländes vorübergehend verhindert wird, organisiert. Des Weiteren fungiert diese Person und ggf. auch weitere Helfer als erster Ansprechpartner für die Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst, den Krisenstab und die Presse vor Ort.
MÖGLICHKEITEN EINER LÖSUNG ERUIEREN
Begegnen Sie den Problemen des Informationsmangels, der 100%igen Räumung und des Sammelstellenmanagements bewusst, denn nur so kommen Sie Ihrer Fürsorge- und Sorgfaltspflicht nach. Dies erreichen Sie dadurch, dass Sie die Themen rund um eine Gebäuderäumung vollumfänglich planen und umsetzen, eben auch über die eigentliche Räumung hinaus. Bedenken Sie, welche unterstützenden externen Kräfte Ihnen zur Verfügung stehen: beispielsweise der Sicherheitsdienst, um Absperrmaßnahmen einzuleiten, Rettungskräfte einzuweisen oder auch der Caterer, der warme/kalte Getränke für die Sammelstelle organisieren kann. Aber auch das Thema der internen und externen Krisenkommunikation sollte Beachtung finden, denn wenn die gesamte Belegschaft an der Sammelstelle steht, wird dies schnell auffallen und für (medienwirksames) Furore sorgen.