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Artikel zum Thema

Whistleblowing: Aufbau eines Hinweisgebersystems

Whistleblowing: Aufbau eines effektiven Hinweisgebersystems im Unternehmen gemäß dem „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen“ (Hinweisgeberschutzgesetz, HinSchG)

Auch wenn Sie vielleicht bereits bei der Überschrift denken, dass das Thema „Hinweisgebersystem“ („Whistleblowing-System“) für Sie nicht relevant ist oder eher an Verwaltungsbetriebe und Staatsorgane gerichtet ist, sollten Sie sich dennoch damit befassen, da es eine Änderung der Gesetzgebung gab, die das Thema auch in den Mittelstand trägt. Zusätzlich bietet ein solches System den großen Vorteil, dass es sich auch als generelles Meldesystem von (Sicherheits-)Vorfällen oder Anregungen und Ideen u. a. zum Thema „Sicherheit“ etablieren lässt. Wichtig ist jedoch, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen im Sinne des Hinweisgeberschutzgesetzes (Hinweisgeberschutzgesetz, HinSchG) eingehalten und somit auch anonyme Meldungen von Fehlern/Fehlverhalten ermöglicht werden.


EU-WHISTLEBLOWINGRICHTLINE 2019/1937

Inkraftsetzung durch die Mitgliedstaaten zum 17.12.2021. Juristische Personen (über 50 Beschäftigte) müssen bis zum 17.12.2023 interne Meldekanäle einrichten (der genaue Wortlaut findet sich in der EU-Verordnung). Für Unternehmen ab 250 Beschäftigten gelten die Vorgaben ab Inkrafttreten des HinSchG. Studien belegen, dass 90 % der Hinweisgeber zuerst versuchen, Missstände intern anzusprechen.


Hinweisgebersysteme dienen den Beschäftigten sowie Geschäftspartnern, Kunden und weiteren Stakeholdern im Rahmen des „Compliance-Management-Systems“ als zentrale Anlaufstelle, um auf Fehlverhalten hinzuweisen und ein faires vertrauliches Verfahren zu ermöglichen. Somit lassen sich Missstände schnell aufdecken und die Organisation ist in der Lage, darauf zu reagieren, interne Prozesse zu verändern bzw. zu optimieren und dadurch am Ende ggf. auch einen drohenden Reputationsschaden frühzeitig abzuwenden.


Jede Organisation, die sich für ein Meldesystem entscheidet, geht einen wichtigen Schritt in Richtung mehr Transparenz und Integrität, was als Schlüsselfaktoren einer gesunden Unternehmenskultur betrachtet werden kann. Auch die Fürsorge- und Sorgfaltspflicht gegenüber der Belegschaft wird mit einem solchen System hervorgehoben.


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WAS IST EIN HINWEISGEBERSYSTEM (WHISTLEBLOWING-SYSTEM)?

Ein derartiges System ermöglicht es, vertrauliche Meldungen abzugeben, um Hinweise und begründete Verdachtsmomente zu tatsächlichen oder potenziellen Verstößen, die bereits begangen wurden oder erfolgen werden, zu melden. Oberste Priorität hat dabei der Schutz der Identität des Hinweisgebers (als natürliche Person, die Verstöße, welche im Zusammenhang mit der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit stehen, meldet) und Dritter – insbesondere vor Repressalien. Die EU-Verordnung zielt dabei explizit auf Finanzdienstleistungen, das öffentliche Auftragswesen, Produkt-/Verkehrssicherheit, Umwelt- und Strahlenschutz, Sicherheit von Lebens- und Futtermitteln sowie den Tierschutz, die öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz und den Datenschutz sowie den Schutz von Netz- und Informationssystemen ab. Im betrieblichen Umfeld zählen dazu auch Themen wie Betrug, Korruption, Geldwäsche, Diskriminierung, Mobbing und sexuelle Belästigung.


VORTEILE UND MEHRWERT EINES SOLCHEN SYSTEMS

Hinweisgebersysteme sollten bzw. müssen ab 50 Beschäftigten zum Schutz der Organisation und der Belegschaft eingeführt werden und dienen der Risikominimierung sowie dem Einhalten von Werten und gesetzlichen Vorgaben gemäß Hinweisgeberschutzgesetz. Des Weiteren können sie Unternehmen einen Wettbewerbs- und Marketing-Vorteil bieten, sofern man dies auch entsprechend kommuniziert. Für den Hinweisgebenden wird ein anonymes, vertrauliches und repressalienfreies System geschaffen, um Risiken für die Organisation und die Belegschaft abzuwenden.

  • Schwachstellen und Fehler können identifiziert und beseitigt werden.
  • Negative Meldungen, die zu Reputationsschäden führen, können verhindert werden.
  • Missstände, die ggf. unentdeckt bleiben würden, können aufgedeckt werden.
  • Strafzahlungen, Gerichtskosten sowie Verkaufs- oder Kurseinbußen können vermieden werden.
  • Ein solches System wirkt auch vertrauensbildend, da allen die Möglichkeit gegeben wird, Veränderungen bzw. Verbesserungen anzutreiben.

AUFBAU EINES WERTBRINGENDEN HINWEISGEBERSYSTEMS

Um ein Hinweisgebersystem gemäß Hinweisgeberschutzgesetz etablieren zu können, sollte der Prozessablauf verinnerlicht werden. Dabei muss jeder Prozessschritt anhand der (möglichen) eingehenden Meldungen im Vorfeld durchdacht und beschrieben werden.


HINWEISGEBER

  • Kenntnis über mutmaßlich meldungswürdige begangene oder künftige Handlungen.


MELDUNG

  • Nutzung des definierten Meldungskanals für interne und externe Personen Absetzen einer konkreten und strukturierten Meldung (W-Fragen), die auch von einer fachfremden Person nachvollzogen werden kann.


UNTERSCHUCHUNG

  • Systemseitige Weiterleitung an geeignete fachkundige Stelle,
  • Selektion von Meldungsschwerpunkten,
  • Plausibiliäts- und inhaltliche Prüfung sowie
  • Untersuchung und Bewertung der Meldung.


ENTSCHEIDUNG

  • Optimierung der Problemstellung.
  • Ggf. Weiterleitung hinsichtlich juristischer oder disziplinarischer Konsequenzen.
  • Rückmeldung an den/die Hinweisgeber.

Hinweis: Die im Hinweisgeberschutzgesetz verankerten Fristen sollten zwingend Beachtung finden.


NACHKONTROLLE

  • Überprüfung der Beseitigung der Problemstellung und ggf. Veranlassung weiterer Maßnahmen.

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DIESE 6 SCHRITTE KÖNNEN IHNEN BEIM AUFBAU EINES HINWEISGEBERSYSTEMS GEMÄSS HINWEISGEBERSCHUTZGESETZ HELFEN!

1. GRUNDSATZFRAGEN

Soll das System eine Rechtspflicht erfüllen oder als multifunktionales System einsatzfähig sein (z. B. Meldung von Sicherheitsvorfällen, Mängelmeldungen im Bereich des Facility Managements, Anforderung von Dienstleistungen etc.)? Soll der Kanal bzw. das System zusätzlich auch für die breite Öffentlichkeit gelten, was insbesondere im B2C-Bereich von Vorteil sein kann?


2. ABTEILUNGEN AKTIV EINBINDEN

Bereits in der Entstehungsphase sollten alle Abteilungen (intern wie extern) aktiv eingebunden werden, um den Erfolg des Systems zu garantieren und keine „Baustellen“ zu übersehen bzw. bewusst auszulassen. Mit den involvierten Abteilungen muss dann gemeinsam eruiert werden, wie die Prozesse der potenziellen Meldungen gestaltet und dargestellt/aufbereitet werden sollen.


3. ENTSCHEIDUNGEN TREFFEN

Für ein passendes (zertifiziertes und auditiertes) System entscheiden. Scheuen Sie es keinesfalls, viele Meldungen zu erhalten – im Schnitt können dies mitunter zwischen 15 bis 65 klassische „Whistleblower-Meldungen“ pro Jahr sein (je nach Unternehmensgröße und Branche).

  • Welcher Kommunikationskanal passt am besten zur Organisation (zentrale Briefkästen, E-Mail-Konten, Telefonnummer inkl. Ansprechpartner, digitale Anwendungen, sprachbasierte Systeme, unabhängige Ombudsperson etc.)?
  • Wie sollten Meldungen im System verarbeitet, weitergeleitet, analysiert und dokumentiert werden?
  • Gibt es die Möglichkeit, zusätzliche Dokumente oder Dateien mitzuliefern?
  • Wer ist die fachkundige (vertrauliche, neutrale) Stelle zum Bewerten welcher Meldungen (Rollen- und Rechtekonzepte)?
  • Sollte ein Vier-Augen-Prinzip etabliert werden?
  • Wie erfolgt eine (anonyme/vertrauliche) Rückmeldung an den Hinweisgeber?
  • Wird ggf. spezifische juristische Unterstützung benötigt?
  • In welchen Sprachen wird das System benötigt?
  • Wie werden dem Hinweisgeber Anonymität und ggf. Sanktionsfreiheit zugesichert?
  • Muss eine Geschäfts-/Betriebsvereinbarung aufgesetzt werden?
  • Sind Arbeitsverträge zu ergänzen bzw. abzuändern? ...


4. HINWEISGEBERSYSTEM UMFASSEND TESTEN

Lassen Sie das System durch unabhängige und vom Entstehungsprozess unbeteiligte Personen auf Herz und Nieren testen – auch in allen zur Verfügung stehenden Sprachen. Erst dann steht einer Veröffentlichung nichts mehr im Weg.


5. EINBINDUNG IN DIE UNTERNEHMENSKULTUR

Implementierung des Systems als essenzieller Bestandteil der Unternehmenskultur (auf allen Wegen und in allen relevanten Netzwerken etc.), welches auch durch die Geschäftsführung bzw. den Vorstand unterstützt wird. Ausräumen von Skepsis (negativer Behaftung) anhand von Richtlinien und einer offenen Kommunikation zu den Zielen des Systems. Informationsmaterialien vorbereiten.


6. NUTZWERT OPTIMIEREN

Eine stetig wiederkehrende Kommunikationspolitik ist notwendig, um die Belegschaft an eine aktive Nutzung des Systems heranzuführen. Ggf. kann dies im Gesamtkontext des „Compliance-Management-Systems“ oder im Rahmen von Mitarbeitergesprächen erfolgen, um auch die präventiven und reaktiven Maßnahmen zu verdeutlichen. Noch transparenter wird das System, wenn einzelne Fälle und deren Konsequenzen anonymisiert intern kommuniziert werden, um noch mehr Transparenz herzustellen und Vertrauen zu schaffen.

INHALTLICHER AUFBAU

Nachdem Sie sich für ein Hinweisgebersystem entschieden haben, skizzieren Sie den individuellen Aufbau:


Bedienung des Systems mit Hilfe von FAQs, Erklärungshinweisen, Datenschutzhinweisen etc. erläutern.

  • Führen Sie den Hinweisgeber durch den gesamten Meldeprozess.


Meldemaske definieren

  • Halten Sie es einfach, verständlich und intuitiv: geben Sie z. B. Kategorien vor, beispielsweise Bestechung, Korruption, Datenschutzprobleme, arbeitsrechtliche Themen, Unterschlagung, Diebstahl, Gesundheit, Umweltschutz, Sicherheit, Steuern, Wettbewerbsrecht, Sonstiges. Aber Achtung: dies könnte auch zu einer Hemmschwelle führen. Schrecken Sie den Hinweisgeber daher (nach Möglichkeit) nicht mit zu vielen Fragen (anhand der Kategorien) ab.


Zugriffsrechte definieren

  • Wer erhält Zugriff auf welche Meldungen?


Eskalationsprozess festlegen

  • Welche Meldungen dürfen weitergemeldet werden oder sind mit Hilfe eines Vier-Augen-Prinzips bzw. einer Meldung an einen Juristen verknüpft? Welche Zeitfenster oder gar gesetzlichen Fristen müssen eingehalten werden?


Das Hinweisgeberschutzgesetz tritt im Jahr 2023 in Kraft. Bereiten Sie sich daher am besten frühzeitig auf die Umsetzung vor. Was die neue Gesetzgebung fordert, haben wir in einem lesenswerten Artikel in unserer Sicherheitszeitschrift SICHERHEIT. Das Fachmagazin. beschrieben (siehe Ausgabe 21).

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